DIDIER HINZ REISEFOTOGRAFIE

Die Atlantikküste von Sidi Ifni bis Sanlúcar de Barrameda
dh / 9. May 2017

Die Atlantikküste von Sidi Ifni bis Sanlúcar de Barrameda

Eine historische und kulturelle Einordnung

Die Ostküste des Atlantischen Ozeans zeigt viele Gesichter, auch auf dem 1200 Kilometer kurzen Abschnitt zwischen Sidi Ifni 29°22′58″N 10°10′15″W im Süden Marokkos und Sanlúcar de Barrameda 36°47′56″N 6°20′31″W in Andalusien. Die Unterschiede sind nicht nur landschaftlich, sondern auch kulturell festzumachen. Meist waren es frühere Besatzer, also Portugiesen, Spanier und/oder Franzosen, die den Charakter dieser Küstenorte geprägt haben.
 

Sidi Ifni und seine wilden Strände

In Sidi Ifni liegt unweit des früheren Wüstengebiets "Spanisch-Sahara" und wurde seit dem 15. Jahrhundert mit einigen Unterbrechungen von Spanien verwaltet. Mal Fischereihafen, mal militärische Garnison, zuletzt unter General Franco. Erst 1969, also 13 Jahre erst nach der Unabhängigkeit Marokkos von den Kolonialmächten, zogen sich auch die Spanier zurück, wurde Sidi Ifni marokkanisch. Die Kleinstadt ist im Westen aus den 1970er und 80er Jahren bekannt, als Hippies und Junkies die einsamen Stränden der Umgebung besiedelten. Sogar Jimi Hendrix und Led Zeppelin waren hier.
 
Obwohl man dort heute keine Hippies mehr sieht, gelten zwei Ortschaften im Norden Sidi Ifnis wegen ihrer einsamen und wilden Strände bei europäischen Backpackern immer noch als Geheimtipp: Legzira 29°26′24″N 10°7′12″W (auch: "El-Gzira") und ''Mirleft′ 29°35′27″N 10°2′20″W. Sehenswert sind die drei großen, ins Meer ragenden Felsbögen von Legzira, von denen der größte letztes Jahr leider eingestürzt ist. Seit einigen Jahren, so liest man, dient die Küste - mangels Polizeiposten in der Gegend - zahlreichen Flüchtlingen als Ablegehafen nach Sidi Ifni und weiter zu den Kanarischen Inseln, die kaum mehr als 200 km von der afrikanischen Küste entfernt sind. 
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Der Felsbogen von Legzira bei Sidi-Ifni
 

Agadir, die geprüfte Stadt

Agadir dagegen ist, anders als Sidi Ifni, den meisten deutschen Pauschaltouristen ein Begriff. Sein langer und breiter Sandstrand bietet auch in den Wintermonaten ideale Bademöglichkeiten. Entsprechend touristisch ist die 700.000 Einwohner zählende Großstadt heute geprägt. Ursprünglich war sie von portugiesischen Seefahrern gegründet worden. 1911, am Vorabend des Ersten Weltkriegs, griffen deutsche Kanonenboote die Stadt an, was den verfeindeten Franzosen den Anlass gab, ein Jahr später Marokko militärisch zu besetzen und zum französischen Protektorat zu erklären.
 
Im Jahre 1960 wurde Agadir von einem verheerenden Erdbeben heimgesucht, das die Stadt vollständig zerstörte. Allein die alte Kasbah, die man vom Strand aus auf dem Gipfel eines Hügels erkennen kann, blieb unversehrt. Es ist jener Hügel, der jedem Strandbesucher wegens seines übergroßen arabischen Schriftzugs "Gott, Vaterland, König", bekannt sein dürfte. Das heutige Agadir ist also keine 60 Jahre alt! 
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Der Strand von Agadir, Marokko
Unter den wenigen Überlebenden des Erdbebens von Agadir zählte eine heute bekannte Persönlichkeit der Finanzwelt: "DSK", mit vollem Namen Dominique Strauss-Kahn, aufgeklärter Weltbürger, Weltbankier und Hauptfigur in einer pikanten Dienstmädchenaffäre in einem New Yorker Nobelhotel. DSK, dessen jüdische Eltern kurz nach seiner Geburt 1949 nach Marokko übersiedelten, verbrachte eine unbeschwerte Kindheit in Agadir. Der Vater, der sein Geld als Rechtsanwalt und Steuerberater verdiente, unterhielt dort eine Freimaurerloge und betrieb einen Filmclub. Die Familie, die das Erdbeben durch einen glücklichen Zufall überlebte, verließ traumatisiert Marokko und zog nach Paris. 
Ziegen in einem Arganbaum im Norden von Agadir
Die Straße von Agadir nach Essaouira führt über lange Strecken durch Arganienwälder. Dort lassen Viehzüchter ihre Ziegenherden grasen. Gerne steigen die Ziegen in die dornigen Zweige der Arganbäume, um an die begehrten Früchte zu kommen - aus denen übrigens "im Nachgang" ein in Europa heute teuer verkauftes Öl gepresst wird. Es kommt vor, dass ganze Bäume vom untersten Zweig bis zur Krone von Ziegen bevölkert sind. Die vielen Dornen scheinen ihnen nichts anhaben zu können. Ein seltenes Fotomotif, das sich die Hirten allerdings heute bezahlen lassen. Wer kann ihnen das aber verdenken, wenn nicht einmal mehr der Eiffelturm frei fotografiert werden darf?
 

Essaouira, das frühere Mogador

Einst eine phönizische Gründung, sah Essaouira (arabisch: die geschlossene (Stadt)) schon viele Völker kommen und gehen: Römer, Vandalen, Berberstämme, Portugiesen und Franzosen. Unter den Portugiesen und den Franzosen hieß die Stadt noch Mogador. Ihre Blütezeit erlangte sie im 18. und 19. Jahrhundert durch den transsaharischen Karawanenhandel. Die heutige Altstadt, "Medina", gelegentlich auch "Kasbah" genannt, stammt aus dieser Zeit und gehört wegen seiner einzigartigen Architektur und seines guten Erhaltungszustands zum Weltkulturerbe der UNESCO. Als die Franzosen Ende des 19. Jahrhunderts das sagenumwobene Timbuktu (im heutigen Mali) bsetzten, brach der transsaharische Karawanenhandel zusammen, und Essaouira verlor wirtschaftlich rasch an Bedeutung. 
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Die "Scala" von Essaouira
Essaouira 31°30′36″N 9°46′22″W lebt heute hauptsächlich vom Fremdenverkehr, wobei mehr Marokkaner des Kulturangebots wegen hierher kommen als sonnenhungrige Europäer. Beim jährlichen Musikfestival der "Gnaoua", das kulturelle Highlight der Stadt, pflegen die Nachfahren der schwarzen Sklaven, die die Araber bei ihrer Eroberung aus Ghana und Mali hierher schleppten, ihre traditionelle Musik und ihre mystischen Rituale, die mitunter an die Tänze der Derwische erinnern.
 
In der Medina lockt das traditionelle Kunsthandwerk viele Touristen an. Bekannt ist die Stadt für seine Intarsienarbeiten aus dem Holz des Thuya-Baumes. In manchen Boutiquen wird heute noch gedrechselt, gesägt, geleimt und zusammengesetzt, in anderen dagegen lediglich verkauft. Auf der "Scala" (so wird die alte Wehrmauer genannt), kann man die alten Kanonen der Portugiesen bestaunen. Lohnender ist allerdings ein Spaziergang durch den alten Fischereihafen: Die traditionell blau getünchten Fischerboote und die allgegenwärtigen Seemöwen bilden zusammen ein beliebtes Fotomotiv. Den Tagesfang der Fischer, hauptsächlich Sardinen und Seeaale, kann man in einer der vielen Grillbuden vor der Hafenmauer zu jeder Tageszeit fangfrisch kosten.
 
Die Küstenstraße weiter nach Norden führt durch die Hafenstädte Safi und El-Jadida. Beide Orte blicken wie Essaouira auf eine portugiesische Besatzung zurück. Während in Safi, heute wichtiger Chemie-Standort (Düngemittel auf Phosphatbasis) und Zentrum der Sardinenkonservenindustrie, die Fremdherrschaft nur kurz dauerte, war El-Jadida 33°15′24″N 8°30′9″W vom 15. bis zum 18. Jahrhundert fest in portugiesischer Hand. Davon zeugt die gut erhaltene und zum UNESCO-Weltkulturerbe erhobene portugiesische Altstadt ("Cité Portugaise") mit ihrer Zisterne aus dem 16. Jahrhundert. Die Stadt hieß damals Mazagan und wurde nach dem Abzug der Portugiesen in "El-Jadida" (arabisch: die Neue) umbenannt. Die französischen Kolonialherren ignorierten während der Protektoratszeit (1912-1956) jedoch den neuen Namen und nannten die Stadt wieder "Mazagan". Weil zur Zeit der Portugiesen viele Juden in Mazagan lebten, nennen viele Einwohner ihre Altstadt heute auch das "Mellah" - ein Begriff, der in den Maghreb-Staaten für "Judenviertel" steht und allgemein die jüdischen Ghettos bezeichnet.
 
 

Casablanca, die Weiße

Erst eine winzige Berbersiedlung auf einem kleinen Hügel, dann RÜckzugsort der Mauren aus Andalusien nach der Reconquista, schließlich ein blühender Handelshafen und gefürchteter Piratenstützpunkt. Dann kamen die Portugiesen, eroberten den Ort und tauften ihn "Casa Branca", die weiße Stadt. Sie blieben drei Jahrhunderte lang, bis das verheerende Erdbeben von Lissabon 1755 auch ihr Casa Branca zerstörte. Das moderne "Casablanca" haben die Franzosen geschaffen. Seit ihrer kolonialen "Befriedung" Marokkos haben sie Casablanca systematisch zum wirtschaftlichen und kulturellen Zentrum ihres Protektorats ausgebaut. Ab den 1920er Jahren setzte ein beispielloser Bauboom ein, an dem sich nahmhafte französische Architekten beteiligten und in der damaligen "Ville nouvelle" futuristische Entwürfe umsetzten. In der "Altstadt der Europäer", wie diese Viertel heute in Abgrenzung zur noch älteren arabischen Medina einerseits und den ganz neuen Vierteln in der Peripherie andererseits genannt werden, zeugen zahlreiche Jugendstilhäuser und modernistische Funktionsbauten von dieser Zeit des europäischen Urbanismus. Die Bauten werden leider kaum gepflegt und nur zögerlich saniert und aufgewertet.
 
Als Marokko 1956 seine Unabhängigkeit erlangte, war Casablanca eine weltoffene, kosmopolite und multikuturelle Großstadt. Gesellschaftlich gab es neben einer Oberschicht von französsichen Diplomaten und Geschäftsleuten, der auch einige reiche Araber und nicht wenige sephardische Juden angehörten, eine breite Mittelschicht aus Europäern unterschiedlicher Provinienzen und Religionen, unter ihnen nicht wenige Flüchtlinge des Zweiten Weltkriegs. Unter den "Schutzbefohlenen" (Arabern, Berbern und armen Juden) war eine zwar pragmatische, aber friedliche Koexistenz gewachsen. Sieht man einmal von neueren extremistischen Tendenzen ab, hat sich die multikulturelle Toleranz innerhalb der Ober- und Mittelschicht bis heute erhalten. Das lässt sich nirgendwo besser beobachten als im "Restaurant du Port de Pêche" 33°36′5″N 7°36′51″W, einem gutbürgerlichen Fischrestaurant im Fischereihafen, es ist seit Jahrzehnten eine Referenz in der Stadt. Weil mittags und abends proppenvoll, ist die Geräuschkulisse im Saal entsprechend laut und die Stimmung betont ausgelassen. Das Besondere aber ist der einzigartige Mix von Sprachen, Rassen, Religionen, Gesellschafts- und Altersgruppen. Genauer besehen ist es ein gesellschaftliches Panoptikum der letzten hundert Jahre Kolonialgeschichte. 
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Kunsthandwerkmarkt im Viertel "Les Habous" in Casablanca
Abseits solcher kleiner Biotope ist Casablanca aber eine farblose moderne Megacity: Zentrum des großen Geldes und - in den Vorstädten - Sammelbecken der Armut. Über beides wacht symbolisch eine der größten und prachtvollsten Moscheen der Welt: die von französischen Architekten entworfene und halb auf dem Wasser gebaute Moschee Hassan II.
 
Nördlich von Casablanca beginnt ein Küstenabschnitt mit schönen Badestränden, der sich bis zur Hauptstadt Rabat erstreckt. Schon zur Kolonialzeit dienten diese Strände den Großstädtern als Naherholungsgebiet an Wochenenden und in den Sommermonaten. Viele hatten sich auf die Stranddünen kleine Hütten oder größere Villen gebaut, die nun aber alle einem ambitionierten Großprojekt werden weichen müssen. Von Casablanca bis Rabat soll eine durchgehende Verkehrsachse mit moderner Infrastruktur entstehen.
 

Tanger und die internationale Zone

Die Weiterfahrt führt in den Norden des Landes: über Larache und Asilah nach Tanger 35°46′44″N 5°48′18″W. Die strategische Lage von Tanger, durch die Meerenge von Gibraltar das Tor zum Mittelmeer, war zu allen Zeiten ein heiß begehrter und umkämpfter Ort. Phönizier, Karthagener, Römer, Vandalen, Westgothen: Alle waren schon hier. Das frühe Mittelalter war die Zeit der muslimischen Eroberungszüge. Auf dem Weg zur iberischen Halbinsel war Tanger eine wichtiger Militärposten. Der von Damaskus ernannte Emir des Maghreb, General Moussa Ben Noussaïr, bereitet die Besetzung Andalusiens vor und schickt 711 seinen Offizier Tariq Ibn Ziyad über das Meer. Der erste Berg, den er auf europäischer Seite besetzt, trägt heute noch seinen Namen: "Djebel Tariq" - was auf Arabisch ′Berg Tariq′ bedeutet und aus dem der europäische Name "Gibraltar" geworden ist- ist heute britisches Hoheitsgebiet.
 
Nach der Reconquista, der Rückeroberung Spaniens durch die katholischen Könige im 15. Jahrhundert, waren es vor allem die europäischen Großmächte, die ihre kolonialen Begehrlichkeiten in Marokko untereinander ausfochten, allen voran: Spanien, England und Frankreich. Bereits 1821 gründen die Vereinigten Staaten von Amerika in Tanger eine diplomatische Auslandsvertretung, es wird die erste "Gesandtschaft", also das erste Konsulat der Welt sein. Das Deutsche Reich, das sich bei der Aufteilung des kolonialen Kuchens benachteiligt sah, schickte 1905 Reichskanzler von Bülow in der kaiserlichen Yacht nach Tanger, wo er gegenüber dem Sultan die europäischen Pläne anprangert. Die franco-marokkanischen Verhandlungen über ein Protektorat in Marokko münden 1912 in den Vertrag von Fès, in dem Marokko einen Großteil seiner Souveränität an die "Schutzmacht" Frankreich abgibt. Hintergrund sind die wiederholten Aufstände von Berberstämmen gegen die arabische Vorherrschaft, die der Sultan nicht mehr abzuwehren imstande ist. Zeitgleich mit den Franzosen erhalten auch die Spanier "ihre Schutzzone": im Rifgebirge (Tanger, Tetuan, Ceuta und Melilla) und im Süden (Sidi Ifni und Spanisch Sahara). Allerdings nicht infolge direkter Verhandlungen mit dem Sultan, sondern lediglich aufgrund nachträglicher geheimer Abmachungen mit den Franzosen. Die Berberstämme des Rif-Gebirges, die zunächst gegen die Araber kämpften, haben nun die spanischen Besatzer im Visier. Weil die Berber gegen ihre sogenannte "Befriedung" erbitterten Widerstand leisten und das koloniale Projekt insgesamt zu gefährden drohen, verbünden sich Frankreich, England und auch Deutschland mit Spanien, um den berberischen Widerstand, der sich um Abdelkrim versammelt hat, ein für allemal zu brechen. Die kriegerische Auseinandersetzung im Rif wird fünf Jahre dauern, in denen die Spanier (unter General Franco) nicht scheuen werden, die Zivilbevölkerung mit Giftgas zu bombardieren, das sie dank deutscher Unterstützung herstellen konnten.
 
In diesem Zusammenhang lohnt ein Besuch des alten jüdischen Friedhofs am Rande der Medina. Schaut man auf die Inschriften der weißen Marmorgräber, bemerkt man eine große Häufung von Todesfällen aus dem Jahre 1925. Es war die Zeit der Endschlacht um das Rif-Gebirge, ein paar Monate nach dem Giftgasangriff der Spanier. Man stellt fest, dass die Bombardierungen offensichtlich viele Zivilisten traf, unter ihnen auch viele jüdische, die traditionell in den Bergdörfern der Berber lebten.
 
Auf Betreiben der Weltmächte erhält Tanger 1925 den Sonderstatus einer zoll- und steuerfreien Handelszone unter internationaler Verwaltung. Er wird der Stadt bis 1960 einen immensen kulturellen und wirtschaftlichen Aufschwung bescheren. Neben zahlreichen Geschäftsleuten zieht die freie Stadt an der Meerenge von Gibraltar auch Schmuggler und Spione aller Couleur an. An der weltoffenen Freizügigkeit, die Tanger ausstrahlt, finden nach dem Zweiten Weltkrieg auch Künstler und Vertreter der intellektuellen Welt-Bohême Gefallen. Es entstehen neue Museen, Kinos und Kulturvereine, die "Avenue Pasteur" wird zur Prachtstraße ausgebaut, der Platz um den Markt "Grand Socco" wird aufgewertet.  
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Das alte "Gran Teatro Cervantes" aus dem Jahre 1913 in Tanger
Paul Bowles ist der erste amerikanische Schriftsteller, der Tanger entdeckt. Ihm folgen die Vertreter der "Beat Generation" William S. Burroughs, Allen Ginsberg und Jack Kerouac. In der "Villa Muniria", in kleines Hotel in der Altstadt, schreibt Burroughs Ende der 1950er Jahre seinen weltbekannten Roman "Naked Lunch".
 
Das freizügige, spanisch geprägte Flair der Stadt ist längst Verganganheit. Lediglich ein paar Bauten zeugen von dieser Zeit, darunter das alte spanische "Gran Teatro Cervantes" aus dem Jahr 1913. Auch das kleine Hotel Muniria empfängt noch Gäste und zieht Nostalgiker aus aller Welt an. In den letzten Jahren jedoch erfährt Tanger wieder einen wirtschaftlichen Aufschwung, wofür nicht zuletzt der neue Handels- und Passagierhafen "Tanger Med" an der Mittelmeerküste steht.
 
Gönnt man sich einmal die Zeit, in das am Rande der Stadt gelegene, legendäre "Café Hafa" aus dem Jahre 1921 einzukehren und dort einen Pfefferminztee zu trinken, zeigt ein Blick durch das Fenster direkt auf die europäische Küste. Bei klarem Wetter scheint Andalusien zum Greifen nahe!
 

Die maurische Atlantikküste von Algeciras bis Chipiona

Im spanischen Andalusien, auf der anderen Seite der Meerenge von Gibraltar, kann man entlang der Atlantikküste bis an die Mündung des Flusses Guadalquivir fahren. Die Städte Algeciras, Tarifa, Cadiz und Chipiona sind zwar rein spanische Städte, aber auch hier - wie übrigens in ganz Andalusien - sind die Einflüsse der Mauren, die das Land im Mittelalter besetzt hatten und zu kultureller Blüte verhalfen, nicht zu übersehen.  
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Der Hafen von Ceuta in Afrika (Hintergrund) von Tarifa (Spanien) aus gesehen
Es sind nicht nur die alten maurischen Festungen und Moscheen, die dafür Pate stehen. Weltbekannt und Weltkulturerbe der UNESCO sind etwa die Mesquita von Córdoba, die Alhambra in Granada und die Giralda in Sevilla. Auch die Namen zahlreicher Städte und Gebäude können ihren arabischen Ursprung kaum verbergen. So ist die Bezeichnung "Andalusien" selbst auf das maurische "Al Andalus" zurückzuführen. Der Begriff "Alcazár", der im Spanischen eine Festung bezeichnet, ist aus dem Arabischen "Al Qasr" (Burg) abgeleitet. Die Stadt "Algeciras" bezieht ihren Namen aus dem arabischen Wort für Insel: "Al Jazira". Der Fluss "Guadalquivir" war zu Zeiten der Mauren der "Ouad Al Kebir" - der große Fluss. Er mündet in dem kleinen Städtchen Sanlúcar de Barrameda und fließt dort friedlich in den Atlantik.
 
Der Blick auf die Geschichte dieses Abschnitts der Atlantikküste stellt die touristischen Sehenswürdigkeiten der Gegenwart in einen größeren Zusammenhang und hilft, ihre Entstehung besser zu verstehen und ihre Bedeutung besser einzuordnen.