Der marokkanische Antiatlas (2017)
Eindrücke aus dem Land der Schlöh
Der Antiatlas ist eine - geologisch gesehen - alte Gebirgskette, die den äußersten Süden Marokkos entlang der algerischen Grenze von West nach Ost durchzieht. Nach Süden hin geht die zerklüftete Landschaft erst in eine Stein- und Geröllwüste, dann in die große Sahara über. Weil die Gipfel des Antiatlas deutlich niedriger sind als jene des etwas nördlich verlaufenden Hohen Atlas mit seinen Viertausendern, nennen die Marokkaner sie den "kleinen" Atlas.Will man die nördliche Seite des Gebirges erkunden, nimmt man die Nationalstraße N10. Sie führt annährend parallel zur N12 von Agadir 30°25′33″N 9°36′57″W nach Errachidia 31°55′8″N 4°26′52″W. Möchte man von der Südseite auf die Nordseite wechseln, gibt es nur eine Stelle, wo das einigermaßen bequem geht: Die Nationalstraße N9 durchquert das Gebirge an der Stelle, wo das Tal des Flusses Drâa es unterbricht, und verbindet die Wüstenoase M′Hamid 29°49′29″N 5°43′11″W im Süden mit der Filmstadt und Provinzhauptstadt Ouarzazate 30°55′11″N 6°54′37″W im Norden.
Die Landschaft des westlichen Antiatlas
Unsere erste Nacht im Antiatlas verbringen wir auf einem Campingplatz nahe der Ortschaft Icht. Das Borj Biramane 29°3′32″N 8°51′10″W wird von zwei nicht mehr ganz jungen Franzosen ("Philippe" heißt einer) geführt, die sich offensichtlich für Wüsten-Rallyes begeistern lassen und dieses Jahr in einem getunten kleinen Renault R4 an den Start gehen werden. Das weitläufige Anwesen, einst ein Ruheplatz für Kamele im Karawanenverkehr mit Schwarzafrika, liegt sehr malerisch am Fuß einer hohen Bergwand, neben einem kleinen Flusslauf, wo tags Ziegen grasen und nachts die Frösche quaken. Es wird ein betont entspannter Umgang gepflegt. Die Halbpension in einem komfortablen Lehmbungalow im regionalen Kasbah-Stil kostet knapp 40 Euro pro Person und Nacht. Das Abendessen (Couscous und Tagines) ist sehr gute Hausmannskost. Nach dem Essen lässt man auf der stimmungsvoll beleuchteten Terrasse den anstrengenden Tag bei einem kühlen Bier oder einem Glas Wein ausklingen.
Am nächsten Morgen machen wir uns früh auf den Weg. Wir nehmen eine Steinpiste, die uns erst zur Oase Tadakoust führt, wo es pyramidenförmige Felsformationen und einige alte Felszeichnungen zu sehen gibt. Weiter geht es dann über Ait-Ouabelli wieder auf den Asphalt bis zum Palmenhain von Akka mit seiner schönen Oase Oasis Amond 29°26′5″N 8°16′3″W. Vorher kommt man noch durch Agadir Ouzrou 29°25′59″N 8°15′0″W, wo sich ein Blick auf die Fassade des größten befestigten Getreidespeichers der Region lohnt. Solche Speicher, in der Region "Agadir" genannt, dienten einst dazu, die Getreidevorräte einer größeren Gemeinschaft vor Räubern zu schützen. Durch ihre massive Bauweise haben viele zwar die Zeiten überdauert, ihrer ursprünglichen Funktion aber hat man sie längst entledigt. Die Gegend ist karg, viel Geröll, hier und da eine Akazie, ab und an eine Ziegenherde.
Auf dem Markt von Tata decken wir uns mit Obst, Oliven und Brot ein. Dann begeben wir uns auf eine Piste Richtung Ost-Nordost mit dem Tagesziel Foum Zguid. Als die Piste zu steinig wird, kehren wir auf den Asphalt der N12 zurück. Vor der Kulisse grandioser Felsformationen münden zu Mondlandschaften gewandelte, vertrocknete Flusstäler plötzlich in eine grüne Oase. Es ist die Oase von Tissint, wo wir am Zusammenfluss 29°54′36″N 7°19′48″W zweier Wasserläufe Rast machen. Wasser gibt es hier reichlich, es lockt Wildenten an und speist an anderer Stelle einen kleinen Wasserfall. Es ist mit 35°C für einen Märztag außergewöhnlich warm.
Die Nordseite des westlichen Antiatlas entlang der Nationalstraße N10 ist feuchter und fruchtbarer, aber auch zerklüfteter als seine südlichen Ausläufer. Der Ort Taliouine, zwischen Taroudant und Ouarzazate gelegen, ist das Zentrum der Safran-Produktion in Marokko. Wir machen hier Station und übernachten in der Auberge Souktana 30°31′27″N 7°53′20″W. Zum Abendessen gibt es ein gebratenes Hähnchen mit Bratkartoffeln und grünen Bohnen, eine angenehme Abwechselung zu den zahlreichen Tagines der letzten Tage! Am Kaminfeuer führen wir ein nettes Gespräch mit dem Besitzer Ahmed, einem großgewachsen Mann mit angegrautem Pferdeschwanz, der aus der Wüstenoase M′Hamid stammt. Während er unseren mitgebrachten Pastis genüsslich mit uns teilt, erzählt er uns stolz, wie er das Anwesen vor vielen Jahren zusammen mit seiner französischen Frau erworben hat und was er all für Pläne noch hat... Eine angenehm persönliche Begegnung.
Tafraout und seine blauen Steine
Die "Hauptstadt der Berber" im westlichen Antiatlas, sagt man, ist Tafraout 29°43′12″N 8°58′22″W. Sie liegt in etwa 1200 Metern Höhe und ist vollständig von hohen Bergen umgeben. Entsprechend mühsam ist die Anfahrt, egal aus welcher Richtung man kommt. Enge, einspurige, sehr kurvige und stellenweise kaputte Straßen machen jedes Ausweichen zu einem delikaten Manöver. Dafür wird man aber mit landschaftlich sehr schönen Ausblicken belohnt! Die unmittelbare Umgebung von Tafraout ist vulkanischen Ursprungs, was man an den überall herum liegenden Felsbrocken leicht erkennen kann. Die Granitsteine sind im Laufe der Jahrtausende durch Wind und Wetter rundgeschliffen worden und geben der Landschaft durch ihre Größe und ihre zufällige Verteilung etwas Surreales. Mancherorts wirken sie wie aufeinander gestapelt und bilden bizarre Gebilde. Die bekannteste Figur dieser Art ist der "Chapeau de Napoléon" (frz.: ′Napoleons Hut′), zwei Kilometer südlich der Stadt. Von einer bestimmten Seite aus gesehen, gleicht der obere Teil des Felses in der Tat der Hutform Napoleons. Die Steine haben auch den belgischen Künstler Jean Vérame inspiriert. 1984 kam er mit 18 Tonnen blauer und rosa Farbe hierher, um damit gleich ein ganzes Tal künstlerisch zu gestalten. Seine "Blauen Steine" (frz.: ′Rochers peints′) liegen unweit des Chapeau Napoléon und sind eine Sehenswürdigkeit Tafraouts. Leider verblassen die Farben trotz eines zwischenzeitlichen Neuanstrichs immer mehr, wodurch das Ensemble an Wirkung einbüßt.
Im Frühjahr grünt es hier, was den Ort dann zum idealen Ausgangspunkt für Wanderungen macht. Vergleichsweise viele Touristen machen hier Station. Nicht wenige kommen im Wohnmobil hierher und kampieren im Schatten der Blauen Steine. Wir sehen sogar einen als mobiles Heim ausgebauten 7,5-Tonner aus Europa dort stehen, die Besatzung scheint sich hier für einen längeren Aufenthalt eingerichtet zu haben. Die Händler im Dorf leben recht gut von den Touristen, hat man den Eindruck. Sie bieten Kunsthandwerk an, vornehmlich Berberschmuck und Lederwaren. Eine gewisse Exklusivität haben die Berber-Babouchen: Das Schuhwerk unterscheidet sich deutlich von den bekannteren arabischen Babouchen, und man bekommt es (fast) nur hier.
Die Sanddünen bei Foum Zguid
Ich muss vorausschicken: Es war schon lange mein Traum, die Schönheit von Sanddünen mit dem Fotoapparat eindrucksvoll einzufangen. Das wollte mir bisher nie so recht gelingen. Hier, so meine Absicht, werde ich es noch einmal versuchen.Im Laufe des Abends erzählt uns Mustafa, dass er Wüstentouren organisiert. 200 Euro soll eine solche Tour kosten, inklusive Verpflegung und Übernachtung. Mit dem Geländewagen soll es zu einem "Campement" in der Wüste gehen, abseits aller Touristenpfade, verspricht er uns. Ich bin erst skeptisch, hatte ich mich doch darauf eingestellt, die Dünen um M'Hamid auf eigene Faust zu erkunden. Mustafa zeigt uns Fotos mit den landschaftlichen Highlights der Tour, darunter beeindruckende Bergsilhouetten, Versteinerungen, urtümliche Echsenarten und die Sanddünen natürlich. Nicht schlecht! Wir schlafen eine Nacht über sein Angebot und sagen am nächsten Morgen zu.
Hin und wieder bremst Salah ab und zeigt mit dem Finger in die Weite der Steinwüste. Wir wissen erst gar nicht, worauf wir Ausschau halten sollen, aber bald erfahren wir, dass es um Wüstenechsen geht, deren leuchtende Farben man in dem Grau der Steine gar nicht vermutet. Einmal legt Salah sogar eine Vollbremsung hin, springt aus dem Wagen und rennt einem Exemplar hinterher, leider vergeblich. Aber so muss es wohl aussehen, wenn Berber diese Tiere jagen. Etwas weiter machen wir wieder Halt und begeben uns zu Fuß in das scharfkantige Gestein. Dort zeigt uns Thaleb versteinerte Schnecken und Trilobiten, Fossilien urzeitlicher Meeresbewohner, die auf eine Zeit zurückgehen, als die Sahara noch überflutet war. Heute ist sie bekanntlich eine Wüste, und ihre Austrocknung scheint noch lange nicht abgeschlossen zu sein. Der nahe gelegene Iriki-See Iriki-See');">29°49′48″N 6°31′12″W zum Beispiel, in den 1990er Jahren, so hört man, noch eine große Wasserfläche und auf Karten heute noch als solche blau eingezeichnet, hat sich inzwischen in eine öde Sandfläche verwandelt.
Nach der Rast geht es weiter zum Campement 29°56′9″N 6°24′23″W, einem windgeschützten Platz inmitten hoher Sanddünen, auf dem ein paar wenige Lehmhütten und Zelte aufgebaut sind. Außer uns ist niemand weit und breit zu sehen! Das Licht der Nachmittagssonne wirft bereits lange Schatten und fügt die Braunschattierungen der Sandberge, die der Lehmwände und der Zeltstoffe zu einer eindrucksvollen Farbkomposition zusammen. Die Anmut des Ortes und die absolute Ruhe sind überwältigend.
Die Dünen bei M′Hamid
Zum Abschluss der Unternehmung begleiten uns Thaleb und Salah noch ein Stück nach Osten zu einer Piste, von der aus wir dann alleine zur Oase M′Hamid 29°49′39″N 5°43′42″W finden, während sie wieder ihre Heimfahrt antreten. Die Piste nach M'Hamid führt an der Quelle Source Sacrée Abderrahmane 29°52′58″N 6°7′6″W vorbei, unweit der Dünen von Chegaga, und ist wegen einiger unbequemer Weichsandfelder nicht ganz leicht zu fahren. Kurz vor M'Hamid überholen wir drei Geländewagen aus dem deutschen Saarland, die berichten, dass einer ihrer Wagen in den Dünen bei Chegaga in ein Loch gefahren sei und einer ihrer Leute dabei verletzt wurde, und sie darum nun auf dem Weg in ein Krankenhaus seien.
M′Hamid 29°49′39″N 5°43′42″W ist das örtliche Tor zur Wüste: Hier endet die Nationalstraße N9, die aus Norden durch das Drâa-Tal hierher führt. In alle anderen Richtungen gibt es, wenn überhaupt, nur Pisten, von denen viele nicht kartografiert sind.
Wir verlassen M′Hamid noch am Nachmittag Richtung Norden. In Zagora sehen wir noch die Nachbildung eines legendären Hinweisschildes, das in Zeiten des Karawanenhandels mit den Sahel-Staaten die Reisenden über die Entfernung zum geheimnisvollen Timbuktu informierte: "Timbuktu 52 Tage".
Die Dünen bei Merzouga
Die nächsten Tagen werden wir über die "Straße der Tausend Kasbahs" in den Osten fahren. Dort befinden sich die Städte Rissani und Erfoud 31°25′47″N 4°14′10″W, in deren südlicher Verlängerung der Oasenort Merzouga 31°6′18″N 4°1′15″W liegt. Hier erreicht man das Dünengebiet des Erg Chebbi. Es ist schon längere Zeit touristisch gut organisiert. So findet der Besucher in Merzouga eine große Auswahl an Herbergen, alle vermitteln Touren in die Dünen. Wir übernachten in der Herberge Riad Auberge Amazir 31°7′51″N 4°0′54″W, wo wir am Abend eine wirklich vorzügliche Harira-Suppe essen.
Im Land der Kasbahs und Ksour
Eine "Kasbah" bezeichnete ursprünglich eine militärische Festung. Heute kann in Marokko eine Kasbah sowohl die repräsentative Lehmburg eines Berberfürsten sein, als auch das alte Lehmbauviertel innerhalb eines größeren Ortes. Diese Viertel waren im Atlasgebirge aus Stampflehm gebaut, oft von einer Mauer umgeben, und beherbergten die Verwaltung und andere wichtige Strukturen. Die meisten Kasbahs findet man bei Ouarzazate: an der "Straße der Tausend Kasbahs" in den Tälern des Dadès- und des Mgoun-Flusses sowie im Ounila-Tal. Manche Zeitgenossen gehen noch freier mit dem Begriff um und verstehen unter "Kasbah" alles was auch nur entfernt das Erkennungsmerkmal dieser Lehmkonstruktionen aufweist: also jeden lehmfarbenen viereckigen Turm, der oben mit Treppenzinnen verziert ist.
Die Kasbah des Glaoui in Tamdakht
Beispiele für repräsentative Wehrburgen gibt es in der Gegend von Ouarzazate zuhauf. Die best erhaltenen von ihnen dienten schon als Kulisse in Hollywood-Großproduktionen. Vielen Pauschaltouristen ist die ''Kasbah Taouirt'' am Ostrand von Ouarzazate bekannt. Wir haben uns diesmal die weniger bekannte Kasbah des Paschas von Marrakesch in Tamdakht 31°5′6″N 7°8′42″W näher angeschaut. Ihre Geschichte ist aufschlussreich. Thami El-Glaoui, dessen Berberstamm seit Ende des 19. Jahrhunderts faktisch über Südmarokko herrschte, war unter dem französischen Protektorat (1912-1956) Pascha von Marrakesch und unterstützte die Kolonialpolitik der Franzosen aktiv, indem er deren rücksichtsloser Vollstrecker war. Kein Wunder, dass der Name "Glaoui" den Berbern in sehr schlechter Erinnerung ist. Er ließ mehrere Kasbahs prachtvoll ausbauen, einige neu errichten und andere beschlagnahmen. Eine von ihnen steht in der Oase ''Tamdakht'' im Ounila-Tal und gehörte bis 1900 einem Widersacher des "Glaoui". Die imposante Burg wurde nach der Unabhängigkeit Marokkos und dem Tod El-Glaouis im Jahre 1956 jedoch aufgegeben und dem Verfall preisgegeben. Sechzehn Jahre später sollte sie aber vorübergehend eine ganz besondere Verwendung erfahren.
Im Jahre 1972 entkam König Hassans II. von Marokko knapp einem Attentat. Der Anführer des missglückten Putsches war schnell ausgemacht und kein Geringerer als des Königs Verteidigungsminister, General Mohamed Oufkir, ein gebürtiger Berber. Der König machte mit seinen Widersachern kurzen Prozess: Der General wurde sofort erschossen, seine Komplizen verschwanden für immer in Geheimgefängnissen, wo sie über Jahre gequält wurden. Am Ende musste sogar seine Familie für ihn büßen: König Hassan ließ die Vitwe des Generals samt ihrer sechs Kinder spurlos verschwinden. Da half es auch nicht, dass die jüngste Tochter noch keine drei Jahre alt war und die älteste, Malika, damals zwanzig, einmal von König Mohammed V., Hassans Vater, adoptiert und im Palast wie eine Prinzessin erzogen worden war. Viel später erfuhr die Welt, dass die Familie fast zwanzig Jahre lang in geheimen Kerkern in der Wüste ausharren musste. Die ersten Monate ihres Martyriums verbrachte die Familie Oufkir in einem Trakt der besagten Kasbah des Glaoui in Tamdakht 31°5′6″N 7°8′42″W, wo sie unter menschenunwürdigen Bedingungen inmitten von Skorpionen und Ratten hausen musste. Fenster und Türen, die nach außen zeigten, ließ man eigens zu diesem Zweck zumauern. Eine weitere Station der Oufkirs war der Ort Taznakht 30°34′40″N 7°12′17″W, ein Zentrum der Teppichweberei, von hier kommen die "Berber-Teppiche" (frz.: "Tapis berbères"). In ihrem Buch "Die Gefangene - ein Leben in Marokko" erzählt Malika Oufkir von der Gefangenschaft ihrer Familie.
Das Ksar Aït Ben Haddou
Eins der best erhaltenen "Ksour" im Süden Marokkos ist das Ksar Aït Ben Haddou 31°2′49″N 7°7′48″W. Es liegt nördwestlich von Ouarzazate am Fuße des Hohen Atlas und gehört zum Weltkulturerbe der UNESCO. Es wurde schon oft von der Filmindustrie als Kulisse genutzt, in Filmen wie "Jesus von Nazareth", "Lawrence von Arabien", "Gladiator", "Sodom und Gomorrha", "Himmel über der Wüste" und zuletzt "Games of Thrones".
Obwohl das Ksar noch bewohnt ist, mutiert es immer mehr zum großen Freilichtmuseum, und die Frage stellt sich, wie lange die fragile Konstruktion den Ansturm der Touristen noch aushalten wird.
Marabout und Friedhöfe
In der Nähe mancher Dörfer sieht man isolierte, weiße oder erdfarbene Kuppelbauten aus Stein. Es sind sogenannte ''Marabout, Grabstätten lokaler Heiliger (ebenfalls "Marabout" genannt), denen die Dorfbewohner besonders verbunden waren. Es handelt sich meist um Persönlichkeiten des Sufi-Ordens, einer Tradition der islamischen Mystik. Oft findet man neben einem Marabout'' einen muslimischen Friedhof. Er besteht aus aufgerichteten Steinen oder Steinplatten, die paarweise jeweils über dem Kopf und über den Füßen des Toten aufgestellt sind. Sie sind so ausgerichtet, dass die Körperachse mit dem Kopf nach Mekka zeigt.
Im Tal der Rosen
Die Nationalstraße N10 von Ouarzazate 30°55′10″N 6°53′56″W in Richtung Osten führt durch das Dadès-Tal. In El-Kelâa-M′Gouna 31°14′13″N 6°7′40″W machen wir einen Abstecher in das Tal des M′Goun-Flusses, das besser bekannt ist unter dem Namen "Vallée des Roses" (Tal der Rosen), weil sich hier die Distillerien von Rosenwasser aneinander reihen. Nur, Rosenstöcke sieht man zunächst keine! Der Grund dafür ist, dass in dem fruchtbaren Tal vor allem Obst-, Gemüse- und Getreide angebaut wird. Das Besondere: Die einzelnen Anbaufelder sind mit Hecken aus Rosenstöcken gechützt. Und zur Zeit der Rosenblüte im April/Mai soll sich der Rosenduft über das ganze Tal legen... Die Rosen werden dann gepflückt und zu Rosenwasser weiterverarbeitet. Sehr malerisch ist das Tal aber auch außerhalb der Erntezeit!
Fazit
Der Süden Marokkos wird von Deutschen vergleichsweise wenig bereist. Schade eigentlich für sie! Denn mit seinen zerklüfteten Bergen, seinen grünen Oasen, Terrassengärten und Palmenhainen, seinen malerischen lehmfarbenen Burgen und Dörfern und seinen endlosen Wüstenlandschaften am Rande der Sahara bietet der Antiatlas eine einzigartige Vielfalt an landschaftlichen Reizen. Aber auch kulturell kommt ein Besucher auf seine Kosten: Die einzigartige Kultur der Schlöh, deren Gastfreundschaft sprichwörtlich ist, ist noch überall lebendig, weil die Berber sich mehr als andere Völker dem Einfluss ihrer Eroberer (Araber und Franzosen) entzogen haben.
Schade aber auch für die Berber! In einer Gegend, die ohnehin arm an fruchtbaren Böden ist, sind die Menschen plötzlich mit den Folgen des Klimawandels konfrontiert, mit schlechteren Ernten und Wüstenbildung. Um zu überleben, setzen da viele ihre Hoffnungen in den Tourismus. Er könnte der Wirtschaft in der Tat neue Impulse geben.